Ziel der Entwicklung
Ultrakurzpulslaser erlauben eine sehr präzise Materialbearbeitung mit Strukturgrößen im Mikrometerbereich (lateral) und Abtragstiefen unterhalb von Mikrometern (axial) weitgehend unabhängig vom zu bearbeitenden Material. Die Bearbeitung ist sehr schonend, benötigt keine Hilfsstoffe wie Ätzmittel und erwärmt das Werkstück kaum. Nachteil am Verfahren ist allerdings die geringe Abtragsrate, also Kubikmeter entferntes Material pro Minute. Je nach Material liegen typische Werte in der feinen Mikromaterialbearbeitung im Bereich von 0,1 bis 5 Kubikmeter pro Minute. Es gibt einige theoretische Arbeiten dazu, dass diese Werte jeweils materialspezifische Maxima darstellen und grundsätzlich mit Einzelpulsen nicht mehr verbessert werden können.
Daher wurde das Abtragsverhalten der Materialien mit sogenannten Bursts untersucht. Das sind Laser-Pulszüge, innerhalb derer die Pulswiederholrate sehr hoch ist (hier 5 GHz). Diese Pulszüge können lasertechnisch erst seit kurzem mit für die Materialbearbeitung ausreichenden Energien erzeugt werden. Im Kern geht es also um die Frage, ob die Produktivität des Werkzeugslaser steigt, wenn beispielsweise statt einem einzelnen Puls mit 1 mJ Pulsenergie ein Pulszug aus 1.000 Pulsen mit 5 GHz verwendet wird, der eine Gesamtenergie von 1mJ hat. Verglichen wird also der jeweils der gleiche Laser-Energieeintrag, aber zeitlich anders verteilt. Durch Experimente an sehr verschiedenen Materialien (Stahl, Kupfer, Silizium, Glas und Keramik) sollte ermittelt werden, wo sich die Abtragsrate und damit die Produktivität durch diese GHz-Bursts steigern lässt. Es wurden jeweils die drei typischen Verfahren Bohren, Schneiden und Oberflächenabtrag untersucht.
Vorteile und Lösungen
Das übergeordnete Ziel, eine Steigerung der Abtragseffizienz gegenüber der klassischen Bearbeitung mit kHz-Repetitionsraten, konnte erreicht werden. Insbesondere für Silizium und Kupfer, teilweise auch für Stahl und Keramik konnte gezeigt werden, dass sich durch die Verwendung von GHz-Bursts die spezifische Abtragsrate um bis zu eine Größenordnung erhöhen lässt, ohne dabei die Bearbeitungsqualität wesentlich zu senken. Zudem erlaubt diese Art der Bearbeitung die Verwendung höherer Durchschnittleistungen in einem einzelnen Laserstrahl, ohne Strahlteilungstechniken anwenden zu müssen. Je nach Material konnten diese Vorteile nur für das Bohren oder auch für den Linien- und Flächenabtrag erreicht werden. Es wurden außerdem vorteilhafte Parameterbereiche für die Bearbeitung von Silizium gefunden, die bisher in der Literatur nicht bekannt waren. Auf dem Weg zu diesen Ergebnissen wurden die Materialien auch in ihrer Thermik beobachtet und ein numerisches Modell der Erwärmung erstellt. Das Teilziel, den Laserabtragsprozess in seiner Thermik numerisch zu beschreiben, konnte nicht erreicht werden. Dies lag vor allem an der Komplexität der involvierten physikalischen Prozesse. Diese ließen sich nicht ausreichend abstrahieren oder vereinfachen, um den Prozess noch in einer adäquaten Rechenzeit korrekt zu beschreiben. Die Arbeit am thermischen Verhalten war aber insofern aufschlussreich, dass mit einer Wärmebildkamera jeweils beobachtet werden konnte, wie stark sich die Werkstücke bei welcher Bearbeitungsart erwärmen. Die Projektergebnisse erlauben eine deutliche Kostensenkung bei der Bearbeitung der untersuchten Materialien, da die Maschinenzeiten für den Abtrag selbst entsprechend reduziert werden können.
Zielgruppe und Zielmarkt
Laut Industrieverband Spectaris hat sich der Photonikmarkt in den letzten Jahren sehr gut entwickelt: Das Inlandsgeschäft konnte 2021 um 15 Prozent, das Auslandsgeschäft um 19 Prozent gegenüber 2020 wachsen, was dem Wachstum der Vorjahre entspricht. Die Zielmärkte für die Projektergebnisse umfassen einerseits alle Anwendungsbereiche, in denen herkömmliche Laserbohrverfahren Anwendung finden. Beispielhaft genannt werden können hier das Bohren von Einspritzdüsen, Rückkontakt-Solarzellen, Nadeln für die Medizintechnik, Filter, etc. Darüber hinaus ist in Anbetracht der erzielten Projektergebnisse auch eine Erschließung von neuen Märkten denkbar. Zu diesen Märkten zählen vor allem diejenigen, bei denen das Laserbohren beziehungsweise -strukturieren mittels UKP hinsichtlich des Zeit-Kosten-Aufwands, insbesondere bei der Makromaterialbearbeitung, bisher zu ineffizient ist. Genannt werden können hier die Erzeugung von Kühlluft- und Kontaktierungsbohrungen, die Bearbeitung von Guide Plates in der Elektronik- und Halbleiterindustrie sowie das Erzeugen von tribulogischen Strukturen und Bohrungen auf großen Flächen (> m) für zum Beispiel Tragflächen und Schiffspropeller. Als Transferunternehmen profitieren zum einen kleine und mittelständische Unternehmen durch die Steigerung ihrer Produktivität bei gleichbleibender oder sogar besserer Qualität. Das größere Potential befindet sich jedoch in den industriellen Bereichen, in denen Laserbohrverfahren bereits in einem großen Maßstab Anwendung finden (zum Beispiel beim Bohren von Einspritzdüsen). Ein direkter Kostenvergleich mit anderen Verfahren ist nur bedingt möglich, da verschiedene Verfahren in Abhängigkeit von der Zielgeometrie unterschiedlich gut abschneiden. Als ein anschauliches Anwendungs- und Berechnungsbeispiel kann die Laminartechnologie an Flugzeugtragflächen und Seitenleitwerken herangezogen werden. Als Technologie zur Verringerung des Strömungswiderstands und der dadurch möglichen Einsparung von Ressourcen und Kosten, spielt diese eine zentrale Rolle in der aktuellen Forschung und Entwicklung der Luft- und Raumfahrt. Ziel der Technologie ist die Laminarhaltung der flügelumgebenden Grenzschicht mittels sogenannter Hybrid Laminar Flow Control (HLFC). Die Laminarhaltung wird durch Absaugen einer definierten Menge der Grenzschicht über eine mikro-perforierte Außenhaut erreicht. Die Außenhaut besteht dann aus einer gleichmäßigen Mikro-Perforation in Edelstahl oder Titan mit Lochdurchmessern von 50 µm und einem Lochabstand von 500 µm. Die Materialdicke ist abhängig von der Bauweise der Außenhaut und beträgt für eine monolithische Bauweise 600–800 µm und für eine Hybridbauweise zirka 100 µm. Als besonders geeignet für die großflächige Perforation werden die Verfahren Laserstrahlbohren, Elektronenstrahlbohren und (Fein-)Ätzen genannt. So wurden in Abhängigkeit von der Materialstärke, -art und -qualität für die monolithische Bauweise beim Laserstrahlbohren Bohrraten bis 400 Löcher pro Sekunde und beim Elektronenstrahlbohren bis 200 Löcher pro Sekunde erreicht. Beim Ätzen für die Hybridbauweise konnte gezeigt werden, dass eine große Anzahl an Bohrungen gleichzeitig ausgebildet werden kann. Bei den bisherigen Untersuchungen wurden die besten Ergebnisse beim Laserbohren durch die Nutzung eines Faserlasers mit 200 W mittlerer Leistung, einer Repetitionsrate von 200 kHz, einer Pulsdauer von 120 ns und einer Pulsenergie von 1 mJ erreicht. In Verbindung mit einem Galvanoscanner und F-Theta Optik wurden 500 Pulse zum Bohren von 800 µm starkem Titan benötigt und so eine Bohrrate von 400 Löchern pro Sekunde erzielt. Die größten Probleme beim Optimieren des Prozesseses bereiteten hierbei die auftretenden thermischen Einflüsse. Außerdem ist anzumerken, dass die Löcher eine für die Nanosekundenbearbeitung typische Qualität, also Schmelzränder, aufweisen. Durch die stetige Weiterentwicklung von UKP-Lasersystemen hin zu hohen mittleren Leistungen, stehen etablierte Lasersysteme mit > 100 W mittlerer Leistung, Pulsdauern unterhalb von Pikosekunden, hohen Repetitionsraten > 100 kHz und Pulsenergien > 500 µJ zur Verfügung. Wenn die Projektergebnisse vollständig umgesetzt werden, kämen die Abtragsraten des UKP-Prozesses in die Größenordnung der Abtragsraten der Nanosekundenprozesse und es ließen sich ähnliche Bohrraten bei deutlich höherer Qualität erzielen. Zudem würde das Material thermisch weniger belastet, so dass Probleme wie Verzug der Bleche weniger zum Tragen kämen. Die nötige Bearbeitungszeit für die das Bohren aller nötigen Flächen an einem A320 würde damit unter einen Tag sinken und das Verfahren wäre wirtschaftlich. Anhand dieses Beispiels können die Möglichkeiten der in diesem Projektvorhaben untersuchten Technik und der damit einhergehenden Kostenreduzierung verdeutlicht werden. So wird die Nutzung der UKP-Technik insbesondere für Makroanwendungen immer interessanter, da diese das Potential erlangt, mit anderen Prozessen zu konkurrieren oder diese sogar zu übertreffen.