Ziel der Entwicklung

Logo: Polymerbeschichtete Interdigitalstruktur                     © IDM e.V.
Polymerbeschichtete Interdigitalstruktur © IDM e.V.

Das Projektziel umfasst die Entwicklung elektrochemisch beschichteter Interdigitalelektroden mit strukturspezifischen Polythiophenoberflächen zum Aufbau eines applikationsreifen Sensormoduls für die Charakterisierung ammoniakhaltiger Gas- und Flüssigphasen durch impedanzspektroskopische Messungen. Diese Polythiophene tragen spezifische Substituenten, die durch koordinative Wechselwirkung Ammoniak (NH3) und Ammonium-Ionen (NH4+) selektiv und reversibel einlagern. Fremdgase und –ionen sollen in die auf die Größe von NH3 und NH4+ dimensionierten Hohlräume nicht eingelagert werden können. Auch unterschiedlichen elektronischen Verhältnisse zwischen Analyt und sensitiver Schicht, lassen solche Wechselwirkungen nicht zu.
Auf Grund der Interkalation soll sich daher das Impedanzsignal der Polymerschicht bei bestimmten Frequenzen in Abhängigkeit von der NH3-Konzentration verändern, um die Signalstärke als Funktion der Gaskonzentration zu kalibrieren. Bei Behandlung der sensitiven Polymerschicht mit Inertgas soll Ammoniak beziehungsweise Ammonium aus der Hohlraumstruktur verdrängt und das Sensormodul regeneriert werden können. Diese Prozesse sollen unter Raumbedingungen reversibel und reproduzierbar ablaufen. Ein aufwendiges Aufheizen der Sensoren, wie es die meisten kommerziellen Produkte erfordern, ist dabei nicht notwendig.

Vorteile und Lösungen

Ein Schwerpunkt der Projektarbeiten bestand in der Synthese von maßgeschneiderten und strukturoptimierten Thiophenderivaten. Diese polymerisationsfähigen Monomere tragen bereits die entsprechenden Funktionalitäten, die eine Wechselwirkung mit den zu untersuchenden Gasen ermöglichen. Durch entsprechende mehrstufige Synthesen konnten diese Materialien im Gramm-Maßstab für die entsprechenden elektrochemischen Abscheidungen bereitgestellt werden. Die Aufreinigung der Zwischen- und Endprodukte erfolgte durch optimierte chromatographische Verfahren, da für die sich anschließende Elektropolymerisation hochreine Monomere notwendig waren.
Ein wesentlicher Forschungsschwerpunkt beinhaltet die Untersuchung der Parameter für eine erfolgreiche Elektropolymerisation der einzelnen Thiophenmonomere. Hierbei war es von besonderem Interesse, eine hohe Geschwindigkeit der Elektropolymerisation zu erreichen. So konnte das Schichtwachstum auch bei einer relativ hohen Geschwindigkeit mit dU/dt ~ 160 mV/sec an verschiedenen Monomeren beobachtet, erprobt und optimiert werden.
Mittels Auflicht- und Rasterkraftmikroskopie sowie mit Hilfe der Impedanzspektroskopie konnten die so erzeugten Polymerschichten charakterisiert sowie Rückschlüsse auf die Parameter der Elektropolymerisation gezogen werden.
Mit einer entsprechenden Konstruktion und Inbetriebnahme einer Durchflusszelle sowie deren weitere Miniaturisierung gestatteten einen sicheren Nachweis von Ammoniak. Neben Kohlendioxid wurde auch Schwefelwasserstoff als Umgebungsatmosphäre getestet. Eine Sensitivität gegenüber Kohlendioxid konnte zwar nicht detektiert werden, jedoch lassen sich über die Funktionalitäten am Thiophen-Gerüst die Sensitivität gegenüber Ammoniak und Schwefelwasserstoff spezifizieren. Dies wird durch ihre unterschiedlichen Kettenlängen und Polaritäten ermöglicht. Für die Ammoniak-Detektion haben sich Monohexyl-Funktionalitäten, für die Schwefelwasserstoff-Detektion Monobenzyl-Substituenten bewährt und können somit auf unterschiedliche Weise detektiert werden.
Die durch Elektropolymerisation auf Interdigitalstrukturen abgeschiedenen Polythiophen-Schichten weisen eine hohe Langzeitstabilität auf. Die Reversibilität der sensorischen Prozesse, ohne aufwendiges Aufheizen des Sensors oder des Sensorträgers, konnten ebenso gezeigt werden, wie die Konzentrationsabhängigkeit der Impedanzsignale bei verschiedenen Frequenzen. Die Verfeinerung der Geometrie der Interdigitalstrukturen (Miniaturisierung) führte ebenso zur Erhöhung der Sensitivität.
Mit der Erstellung eines Kreislauf-Schemas von der Beschichtung bis hin zur Wiederverwertung der entsprechenden Sensorsubstrate konnte der gesamte Sensorprozess dokumentiert werden.

Zielgruppe und Zielmarkt

Für Branchen der Luftreinheit und Abluftüberwachung kann dieses Sensorsystem den Überwachungsprozess vereinfachen. Den Endkundenmarkt für Ammoniak-Sensoren bilden Unternehmen und Einrichtungen aus mehreren Industriezweigen, dem Umweltschutz, der Landwirtschaft, dem Bereich Lebensmittelkontrolle und der Medizin.
Industrielle Abnehmer sind Hersteller und Verarbeiter von Ammoniakgas zu Folgeprodukten, die zur Erkennung möglicher Leckagen in Rohrleitungen und Behältern die Ammoniak-Konzentration in der Umgebungsluft permanent kontrollieren. Weitere Abnehmer aus der Industrie sind Lebensmittelproduzenten, die über große Kühlanlagen auf Ammoniak-Basis verfügen sowie Hersteller und Verarbeiter von verderblichen Nahrungsmitteln, deren Fäulnis unter Ammoniak-Entwicklung abläuft, sodass solche Gassensoren zur Qualitätskontrolle eingesetzt werden. Die Automobilindustrie verwendet Ammoniaksensoren zur Kontrolle der Schadstoffemissionen von Verbrennungsmotoren.
Endkunden für Ammoniaksensoren aus dem Bereich Umweltschutz sind unabhängige Kontroll-Labore, die im Auftrag der Aufsichtsbehörden die Wasser- und Luftreinhaltung überwachen.
Endabnehmer des Agrarsektors umfassen landwirtschaftliche Betriebe mit Viehzucht und Ackerbau oder die Betreiber von Biogasanlagen.
Abnehmer aus den Bereichen Lebensmittelkontrolle sind Messlabore, die im Auftrag von Gewerbeaufsichtsämtern Herstellung, Transport und Einzelhandel kontrollieren, um die Einhaltung der Kühlkette und ordnungsgemäße Handhabung verderblicher Nahrungsmittel zu überprüfen.
Als Endabnehmer von Geräten zur Bestimmung von Ammoniak in biologischen Flüssigkeiten und der Atemluft kommen große Kliniken und Hospitäler, Facharztpraxen und Dienstleistungslabore, die im Auftrag von Allgemeinmedizinern Blutproben der Patienten untersuchen in Betracht. Bei vollständiger Etablierung der Ammoniakmessung in der Allgemeinmedizin wird prinzipiell jede Arztpraxis als Abnehmer eines entsprechenden Sensors in Frage kommen.