Ziel der Entwicklung
Ziel des Vorhabens „AdaBeam“ war die Entwicklung von neuartigen adaptiven Beamformingmethoden, die unter Bedingungen der rauen industriellen Praxis tatsächlich robust und von typischen Endanwendern akustischer Arraytechnik leicht bedienbar sind. Adaptive Beamformingmethoden zählen zu den erweiterten Array-Signalverarbeitungsmethoden, die gegenüber dem einfachen Delay-and-Sum-Beamforming Vorzüge wie eine deutlich höhere Ortsauflösung, gute Quelltrennung und hohe Dynamik in den akustischen Karten aufweisen. Jedoch sind speziell die klassischen adaptiven Arraymethoden in der Praxis durch Endanwender bisher nicht ausreichend leicht und intuitiv bedienbar und noch nicht hinreichend robust. Deshalb waren in diesem Vorhaben die Vorteile der robusten einfachen Array-Methoden (Delay-and-Sum) mit den genannten Vorzügen erweiterter Auswerteverfahren zu kombinieren. Dabei sollten die im Projekt geschaffenen Algorithmen nicht die Nachteile der bisher genutzten aufwändigeren Methoden (vollständige und punktweise Entfaltungen, inverse Probleme u. a.) bezüglich des erforderlichen hohen Qualifikationsniveaus des Bedieners und der Schwierigkeiten der algorithmischen Parametrierungen aufweisen. Ziel des Vorhabens war es, auf Basis verallgemeinerter mathematischer Modellansätze robuste und praxistaugliche Algorithmen mit erhöhter Leistungsfähigkeit zu entwickeln, bei denen die schwierigen Parametrierungen möglichst automatisiert und verfahrensintern erfolgen und gegenüber dem Endanwender weitgehend verborgen bleiben.
Vorteile und Lösungen
Mikrofon-Aarray-Techniken haben seit über einem Jahrzehnt einen festen und bei Anwendern akzeptierten Platz innerhalb der vielfältigen applizierten Verfahren der technischen Akustik gefunden. Sie ergänzen klassische niederkanalige Messverfahren überall dort, wo es auf eine schnelle und visuell anschauliche Detektion von Schallquellen an technischen Objekten aller Art ankommt. Das in der Praxis heutzutage am meisten applizierte Verfahren des Delay-and-Sum-Beamforming im Zeit- und im Frequenzbereich basiert auf der relativ einfachen Auswertung von Laufzeit- bzw. Phasendifferenzen.
Es konnte sich gegenüber anderen und komplizierteren Verfahren (z. B. akustische Nahfeldholographie) vor allem gerade deshalb durchsetzen, weil es auch in rauer akustischer Umgebung mit einer Vielzahl akustischer Störungen gut anwendbar ist und dabei beim Endanwender nur ein vergleichsweise geringes Qualifikationsniveau auf akustischem und algorithmischem Gebiet verlangt. Dafür weist dieses Standardbeamforming aber einen deutlich beschränkten, durch die Array-Geometrie vorgegebenen akustischen Bildkontrast und eine begrenzte, frequenzabhängige Ortsauflösung der abgebildeten Schallquellen auf.
Anwender in der Praxis möchten aber gerne auch eng beieinander liegende Schallquellen noch örtlich gut trennen können bzw. durch starke Schallquellen maskierte schwächere Quellen auch noch erkennen und bezüglich ihres Schalldruckpegels korrekt quantifizieren können. Zwar existiert hierfür eine ganze Reihe erweiterter und leistungsfähiger Array-Signalverarbeitungsmethoden, diese waren bislang aber nur von Experten auf dem Gebiet der Array-Signalverarbeitung wirklich effektiv nutzbar. Ihre Anwendung erforderte zuviel Spezialwissen über die internen Spezifika der Algorithmen und über ihre Parametrierung, so dass eine Nutzung bisher überwiegend im institutionellen Forschungsumfeld erfolgte. Anwender in der industriellen Praxis schrecken nach unseren Erfahrungen vor einer zu hohen Komplexität derartiger Methoden eher zurück.
Der Hauptvorteil der im Vorhaben entwickelten neuen adaptiven Signalverarbeitungsalgorithmen besteht deshalb für den Endanwender von Mikrofon-Arrays darin, dass er nunmehr auch ohne vertiefte algorithmische und numerische Spezialkenntnisse in die Lage versetzt wird, die Leistungsfähigkeit erweiterter Auswerteverfahren effektiv zu nutzen. Die erstellten akustischen Karten weisen auch ohne schwierige und zeitaufwändige Parametereinstellungen eine gute örtliche Trennung der Schallquellen und eine hohe Pegeldynamik (darstellbare Differenz zwischen lauten und sehr leisen Quellen) auf. Für die Parametervorgaben gibt es nur noch einen einzigen Schieberegler, mit dem der Nutzer die Trennschärfe des Verfahrens bestimmt und diese unmittelbar in der akustischen Karte visuell bewerten kann. Alle weiteren, für die zugrundeliegende Algorithmik noch benötigten Parameter werden intern automatisch bestimmt.
Die Lösung wurde dabei schrittweise zunächst durch Nutzung und Kombination bekannter erweiterter algorithmischer Methoden (orthogonales, funktionales und adaptives Beamforming) erarbeitet. Der Lösungsansatz beruhte auf einer Verallgemeinerung und Zusammenfassung dieser Ansätze unter Nutzung von verallgemeinerten Potenzmittelwerten (sog. gewichtetes Hölder-Mittel). Die mathematischen Details sind für den fachlich interessierten Leser in der unten verlinkten Publikation angegeben.
Zielgruppe und Zielmarkt
Die Nutzung von Array-Techniken erlaubt detaillierte zeit-, frequenz- und ortsabhängige Analysen von Schallquellen für sehr weite Aufgabengebiete. Die im Vorhaben entwickelten algorithmischen Lösungen sind nicht auf eine spezifische Array-Geometrie oder Mikrofonqualität zugeschnitten, sie sind vielmehr sowohl bei 2D- und 2,5D-Kartierungen als auch bei 3D-Arrays in allen Leistungsklassen anwendbar. Von den Projektergebnissen erwarten wir eine weitere Verbreiterung der Applikationsmöglichkeiten akustischer Kartierungstechniken.
Zielmärkte liegen in allen Bereichen, in denen Anlagen, Maschinen und Geräte hinsichtlich Lärmreduzierung, Sounddesign und Fehlererkennung zu optimieren sind, so dass die Zielmärkte grundsätzlich eine sehr weite Spanne industrieller Anwendungen und Branchen abdecken. Mit den erzielten Projektergebnissen können viele wichtige und teilweise auch neue Anwendungsfelder für den Einsatz akustischer Kameras am Markt erschlossen werden.
Als Beispiele für typische Zielmärkte und Anwendungsfelder sind zu nennen: klassischer Automobilsektor und Zulieferindustrie, gesamter Bereich der Motor- und Fahrzeugakustik, die akustische Qualitätsüberwachung und Fehlerprüfung von Maschinen (Verbrennungsmotore, Elektro- und Hybridantriebe, Getriebe), der Einsatz akustischer Kameras zur Produktoptimierung und Lärmreduktion (Hersteller von Haushaltsgeräten, Werkzeugen, Energieanlagen, Turbinen, Pumpen, Lüftern u. v. anderen lärmerzeugenden technischen Objekten) und die akustische Analyse und Zustandsüberwachung von Maschinen und Anlagen in Industriehallen und Produktionsumgebungen bei verbesserter Quelltrennung und erhöhtem Bildkontrast. Weitere Anwendungen sind akustische Prüfungen im Kfz-Innen-Bereich mit sphärischen Arrays (z. B. Tür- und Fensterdichtungen an PKW und LKW), der Einsatz in Raum- und Bauakustik (Durchschallungsanalysen), der Einsatz im High-End-Bereich (aeroakustische Windkanäle) mit hochkanaligen Mehrarraysystemen sowie auch im Low-Cost-Bereich mit kleinen Mobilarrays für einfache „Trouble-Shooting“-Aufgaben.
Die neuen Algorithmen konnten bereits erfolgreich in die aktuelle Softwareversion der Auswertesoftware „NoiseImage“ der Akustischen Kamera der GFaI integriert werden, so dass eine zügige und zeitnahe Vermarktung sichergestellt ist.